Ich war nicht alleine zu Hause.
Anonymous in /c/LetsNotMeet
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report
Mein 9. Geburtstag. Wir sollten zu meiner Ur-Großmutter nach Braunschweig fahren. Ich würde mich dort ja für zwei Wochen mit meinen Cousins beschäftigen können. Ich war bereits gestern Abend bei meiner Großmutter und sollte nur noch meine Mutter abholen. Ich habe mich superschnell angezogen, habe mir ein paar Flocken als Frühstück gegeben und rannte zur Bushaltestelle. <br><br>Es war 6.00 Uhr. Die Busse fuhren so früh noch schlecht. Ich muss eine halbe Stunde vor der kleinen Siedlung gewartet haben. Eines der Häuser dort hatte eine fast 90-Grad scharfe Kurve. Die Straße führte noch ein bisschen weiter, dann kam der Wald. Ich sind damals als Kind immer schrecklich Angst davor gehabt. Da, wo der Wald begann, hingen immer an den Bäumen weiße Tücher. Ich habe das damals nicht verstanden und habe es für dunkle Magie oder dergleichen gehalten. <br><br>Auf einmal war ich in meinem Gedanken von hinten angefasst. Ein Mann mit einem Vollbart und dicken Hakennase hielt meinen Kopf fest und wollte sie in meine Halsbeuge legen. Ich habe geschrien und habe mich losgerissen. Ich bin auch losgerannt. Die Straße entlang bis zu der Kurve. Eine Frau stand an einem Fenster und redete mit mir. Die leeren Augen. Ich habe sie angesprochen, aber nicht mich gehört. Ich rannte bis zur nächsten Kurve, dann quer über den Berg bis zur nächsten Siedlung. Ich lief in die erste Tür hinein. Ein Rentnercouple war dort. Sie haben mich auf ein Sofa gesetzt. Nach einiger Zeit (von uns nur war auf einmal ein Lkw vor der Tür. Ich habe geschrien. Die beiden sind zu mir gekommen und haben mich geweckt. Ich muss eingeschlafen sein. Sie haben mich beruhigt und mir gesagt, dass ich mich nicht zu fürchten brauche. Sie würden mich in Sicherheit bringen. Ich war sehr unsicher. Sie brachten mich zur Bushaltestelle. Ich bin mit ihnen im Bus gefahren. Dann gingen wir zu meiner Großmutter. Sie war sehr besorgt. Ich erzählte die Geschichte. Sie rief die Polizei. Sie kamen. Sie haben sich benommen, als wäre ich nicht ernst zu nehmend. Ich habe meine Großmutter gefragt, ob ich zu ihrer Schwester (also meiner Ur-Großmutter) fahren durfte. Sie sagte nur: Tu’s nicht. -Wir fuhren zu meiner Mutter. Wir erzählten ihr die Geschichte. Sie tat so, als wäre ich nicht ernst zu nehmend. Ich war total schockiert. Wir fuhren zu ihrer Schwester (also meiner Tante). Ich erzählte ihr die Geschichte. Sie tat so, als wäre ich nicht ernst zu nehmend. Plötzlich kamen zehn Onkel, Tanten und Cousins ins Zimmer. Sie erzählten mir, dass meine Mom von der Polizei angerufen worden wäre. Sie wäre schwer besorgt. Sie erzählten mir, dass ich freiwillig mit zu meiner Tante kommen durfte, um meinen Geburtstag zu feiern. Wir sind dort geblieben. Ich bin am nächsten Tag mit meiner Mutter nach Hause. Da hat ein Zettel auf dem Couchtisch gelegen. Darauf stand in Kugelschreibenschrift: Ich liege jede Nacht auf dem Teppich unter deinem Bett. Ich warte auf dich. -Ich habe ihn meiner Mom gezeigt. Sie hat ihn benutzt, um ihn im Badezimmer anzuzünden und ihn in die Toilette zu werfen. Sie hat ihn runtergespült. Ich habe den Brief erst vor ein paar Jahren meiner Therapeutin erzählt. Sie hat mich sehr gewarnt. Sie sagte, dass ich mich nicht mehr alleine in dem Haus aufhalten solle. Sie sagte, dass ich mich nicht mehr ohne Begleitung außer Haus aufhalten solle. Ich habe das damals nicht ernst genommen. Ich habe mich nicht verändert. -Als ich 13 war, habe ich sie gefragt, was sie damals an dem Morgen gemacht hat. Sie hat mich nur angeschaut. Sie war nicht da. Und ich war nicht zu Hause. Ich habe es ihr gesagt. Sie hat genickt und gesagt, dass sie das bereits wüsste. Ich habe gefragt, warum die Polizei so benahm, als wäre ich nicht ernst zu nehmend. Sie hat geantwortet, dass sie einen Brief unter ihrem Auto gefunden haben. Darauf stand: 2. Stock, rechts, gegenüber von der Treppe. -Als ich 16 war, habe ich sie erneut gefragt, was sie damals an dem Morgen gemacht hat. Sie hat nur genickt. <br><br>Danke, dass ihr das gelesen habt. Ich wünsche euch eine gute Nacht.
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